Am Abend des 9. Februar 2014 war klar: In der Schweiz würde nichts mehr so sein wie bisher. Da hatten welche mutwillig und mit Erfolg das Geschäftsmodell jener in Gefahr gebracht, die das Land wirtschaftlich voranbringen. Dank einem guten Verhältnis zur umgebenden Europäischen Union hat die Schweiz die Stagnation nach dem EWR-Nein von 1992 überwunden. Die Absicht der dezidierten Abschotter der SVP hingegen ist es, dieses Verhältnis so empfindlich wie möglich zu stören, koste es, was es wolle.
Die Konsequenzen des Abstimmungsausgangs vom 9. Februar 2014 sind für die meisten erst allmählich spürbar - die Forschung in der Schweiz spürt sie schon länger. Und schon wird hierzulande angesiedelten Grossunternehmen von voreiligen Behörden nahegelegt, angesichts der zu erwartenden Kontingentierung der zugelassenen ausländischen Fachkräfte mehr Schweizerinnen und Schweizer anzustellen. Nun, dieses Ansinnen hat keine Chance, es wird ausgelagert. Nur schon deshalb wird der Versuch, die Konkurrenz per Stimmzettel auszuschalten, manche KMU teuer zu stehen kommen. Wir reden noch nicht vom erschwerten Marktzugang in die Nachbarländer, von den kommenden Grenzschikanen, von der starken Einschränkung der An- und Abflugrechte an Schweizer Flughäfen, kurz: von der allgemeinen Verteuerung des Lebens und Geschäftens in der Schweiz wegen des Wegfalls all jener Verträge mit der Europäischen Union, die das easy going des vergangenen Jahrzehnts erst ermöglichten.
Der Riss zwischen den SVP-Anhängern und -Afinen, die dem Land diese Perspektive des Niedergangs eingebrockt haben, einerseits und den SVP-Aversen, die vergeblich davor gewarnt haben, andererseits, ist nicht mehr zu heilen. Auf die Initiative gegen die sogenannte Masseneinwanderung folgte die Durchsetzungsinitiative, auf diese folgt die Initiative Landesrecht gegen Völkerrecht, und so weiter und so fort. Die Dynamik der Polarisierung, die diesen Graben schon weit aufgerissen hat, ist ungebrochen. Was früher noch Gegnerschaft war, wird allmählich zur Feindschaft.
Noch lange nicht alle haben diese Entwicklung in ihrer ganzen Tiefe und Breite begriffen. Bei den sogenannten bürgerlichen Parteien, insbesondere bei der FDP, aber auch bei der CVP hängen noch viele am Schulterschluss mit den ganz Rechten. Das macht dem bürgerlichen Spektrum zuzuordnende, aber dezidiert svp-averse Personen - und das sind immer mehr - parteipolitisch heimatlos. Doch wo die Not gross ist, ist gelegentlich auch das Rettende nah: Energien werden frei für neue politische Aktionsformen und neuartige Bündnisse.
Der durch die Digitalisierung und insbesondere die Social Media veränderte, zusehends fragmentierte Kommunikationsraum begünstigt die Entstehung neuer Formen der Polit-Aktion, weg von der autoritären Ein-Weg-Kommunikation hin zur Interaktivität der sich koordinierenden Individuen. Hierarchisch aufgebauten Gebilden, wie es die etablierten Polit-Parteien sind, ist dies wenig bekömmlich. Allerdings erhöht sich gerade durch die Liberalisierung der Kommunikation die Attraktivität der verbliebenen autoritären Strukturen und Inhalte für jene, die sie suchen. Vorteil SVP! Keine andere Partei kann da mithalten. Die SVP schafft es durchaus, den autoritären Anspruch in den fragmentierten Medien durchzuhalten, aber sie kommt gerade deswegen beim Ausschöpfen ihres Verbreitungs-Potentials rasch an Grenzen. Denn dazu braucht es die freie Fortpflanzung der Inhalte, deren Verbreitung die SVP mit der Durchsetzung einer holzschnittartigen Stereotypie kontrolliert . Oberstes Prinzip: Produktion von Bildern und Sätzen, die mit dem aggressiven Anspruch daherkommen, jeden Widerspruch niederzuwalzen, mit dem in Sprache gegossenen gewalttätigen, autoritären Gehabe ihres Absenders. Ihr Grundhabitus ist der Befehl, der Grundbefehl ist "Raus!". ("Kriminelle Ausländer endlich ausschaffen!")
Fortsetzung folgt nach dem nächsten Sonntag, 28. Februar 2016.
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